Christian Kracht: 1979 (Roman, 2001)

Zwei deutsche Globetrotter, ehemals ein Liebespaar, jetzt zerstrittene Reisepartner, kommen Anfang 1979 nach Teheran. Dort ist die Atmosphäre schon völlig bestimmt durch den unmittelbar bevorstehenden islamistische Umsturz Khomeinis. Die beiden nehmen teil an einer letzten Party von Europäern und einheimischen Nutznießern des Schah-Regimes. Nach dem ausschweifenden Fest mit Alkohol und Drogen kommt der eine der beiden, ein hochgebildeter Kunstkenner und Salonlöwe, elend zu Tode. Sein „schlichterer“ Partner, der Ich-Erzähler des Romans, nimmt sich nach diesem Schock vor, sein Leben ganz neu zu orientieren. Auf den Rat eines Esoterikers nimmt er die weite Reise zum heiligen Berg Kailash in Tibet auf sich, wo er sich, fern von seiner alten Welt des Luxus und des ästhetischen Genusses, etwas wie Erleuchtung verspricht. Dort wird er aber von chinesischen Soldaten gefangengenommen und gerät schließlich in ein kommunistisches Straflager. Aufgabe des Lesers ist es, den inneren Weg zu deuten, den der ständig Reflektierende im Grauen des chinesischen Gulag beschreitet.

Nora Bossong: Reichskanzlerplatz

Nora Bossongs Roman ‚Reichskanzlerplatz‘ von 2024 erfasst aus der Perspektive des fiktiven Ich-Erzählers Hans jene 25 Jahre, in denen sich aus der Weimarer Republik das Dritte Reich entwickelte. Aus einer jungen Frau, deren Adoptivvater ein Jude war, wurde Magda Goebbels, die Ehefrau des Propagandaministers Goebbels.
„Auf sie haben ihr Umfeld und die Schicksalsschläge, die sie erlitten hat, eingewirkt. Sie war nicht nur ein Spielstein, sondern sie hat auch aktiv Spielsteine geschoben“, sagte die Autorin am 26. Oktober 2025 in Göttingen bei der Verleihung des Edith-Stein-Preises. Dabei erklärte sie auch, dass sie sich beim Schreiben in die jeweilige Figur einfühle: „Das war bei Hans einfacher als bei Magda Goebbels.“